Offener Brief zum StVG an den Bundesrat

Die Mitgliedskommunen der Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg e. V. (AGFK-BW) hatten große Hoffnung in die Novellierung des Verkehrsrechts gesetzt. Durch das Verfehlen der notwendigen Mehrheit im Bundesrat bleiben jetzt wichtige Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und zum Erreichen der Verkehrswende blockiert. Günter Riemer, Erster Bürgermeister Stadt Kirchheim unter Teck und Vorstandsvorsitzender der AGFK-BW, appelliert deshalb in einem offenen Brief an die Landesregierung für mehr Zutrauen und höhere Gestaltungsspielräume für Kommunen.

Offener Brief an die Mitglieder Baden-Württembergs im Bundesrat
sowie an die Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien im Landtag:

Appell: Kommunen brauchen mehr Gestaltungsfreiheit - bitte setzen Sie sich für eine Straßenverkehrsrechtsreform ein.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,
sehr geehrte Ministerinnen und Minister,
sehr geehrter Herr Staatssekretär Hoogvliet,
sehr geehrter Herr Schwarz MdL, sehr geehrter Herr Hagel MdL,

ohne Straßenverkehrsrechtsreform neigt sich das Jahr zum Ende.

Mit großem Bedauern hat unser Netzwerk zur Kenntnis genommen, dass selbst der ausgehandelte Minimalkompromiss keine Zustimmung im Bundesrat fand. Wir sind enttäuscht, dass die Landesregierung von Baden-Württemberg ihren Kommunen damit ein Stoppschild für mehr Spielräume bei der Gestaltung der Verkehrswende zeigt.

Jeden Tag sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kommunalen Verwaltungen darum bemüht, die verkehrlichen Situationen innerhalb und außerhalb der Kommunen zu verbessern. Stets mit dem Ziel, die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Oft steht diesem Ziel das geltende Verkehrsrecht entgegen, etwa bei der Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, der Anordnung von Fußgängerüberwegen oder Bewohnerparken sowie der Aufteilung des Verkehrsraums.

Große Hoffnung wurde in die Novellierung des Verkehrsrechts gesetzt. Niemand kann die konkrete Situation vor Ort besser beurteilen als die Kommune selbst, deshalb hatten sich die Mitgliedskommunen der AGFK Baden-Württemberg auf mehr Entscheidungsspielräume gefreut. Durch das Verfehlen der notwendigen Mehrheit im Bundesrat bleiben wichtige Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und zum Erreichen der Verkehrswende blockiert. Wir Bürgermeister:innen hätten uns von unserer Landesregierung mehr Zutrauen in höhere Gestaltungsspielräume für Kommunen gewünscht.

Die AGFK-Mitglieder haben mit einem mutigen Beschluss zur AGFK-Vision ihre Ziele nochmals verdeutlicht: Mehr aktive Mobilität, ein faires Miteinander und eine konsequent verfolgte Vision Zero-Strategie. Mehr als 80% der Bevölkerung Baden-Württembergs leben in einer AGFK Mitgliedskommune. Die AGFK-Kommunen Freiburg und Ulm sind Mitinitiatoren der Initiative Lebenswerte Städte, welche inzwischen mehr als 1000 Mitglieder zählt. Das zeigt eindrücklich, wie Bürgermeister:innen über Parteigrenzen hinweg für die Mobilitätswende und die Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen dafür einstehen.

Als Vorstandsvorsitzender eines Netzwerks von über 110 baden-württembergischen Kommunen – Landkreise, Städte wie Gemeinden – bitte ich Sie, konstruktiv darauf hinzuarbeiten, dass die Ziele Umwelt- und Klimaschutz, Gesundheit und städtebauliche Entwicklung gleichberechtigt neben den Zielen Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs im StVG aufgenommen werden. Eine Novelle des StVG ist notwendig. Ich appelliere daher an Sie, überdenken Sie Ihre Haltung und machen Sie sich für ein progressives Verkehrsrecht stark. Ich bin sicher, dass ein Großteil meiner 110 Kolleg:innen eine Novelle des StVG und der StVO für überfällig hält.

Gerne können wir dazu ins Gespräch kommen.

Mit herzlichen Grüßen

Günter Riemer
Vorstandsvorsitzender der AGFK-BW und Erster Bürgermeister von Kirchheim u. Teck
 

Offener Brief als PDF-Dokument
 

Der Offene Brief wurde versendet an:

Ministerpräsident Winfried Kretschmann; Minister des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Thomas Strobl; Minister für Finanzen Dr. Danyal Bayaz; Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut; Minister für Verkehr Winfried Hermann; Staatssekretär für Medienpolitik und Bevollmächtigter des Landes beim Bund, Rudolf Hoogvliet; Ministerin für Kultus, Jugend und Sport Theresa Schoppner; Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Petra Olschowski; Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Thekla Walker; Minister für Soziales, Gesundheit und Integration, Manfred Lucha; Ministerin der Justiz und für Migration, Marion Gentges; Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk; Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi; Fraktionsvorsitzender der Fraktion GRÜNE im Landtag, Andreas Schwarz; Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag, Manuel Hagel; Kopie: Parlamentskreis Fahrrad im Landtag Baden-Württemberg

 

Pressebüro AGFK
Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen
in Baden-Württemberg e. V.
c/o Velokonzept GmbH
Philip Boos
presse@agfk-bw.de
+49 30 3116514-16

Die AGFK-BW e. V.
Die Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg e. V. (AGFK-BW) ist ein Netzwerk von mehr als 100 Landkreisen, Städten und Gemeinden. Mit seiner Vision 2030 setzt sich der Verein dafür ein, dass aktive Mobilität als Basismobilität so einfach, sicher und bequem ist, dass Fuß und Rad die erste Wahl sind. Bei den Mitgliedskommunen der AGFK-BW steht aktive Mobilität für ein faires Miteinander aller und eine konsequent verfolgte Vision Zero-Strategie.