Sommerexkursion nach Sonthofen im Allgäu

Jedes Jahr blicken die Teilnehmenden der AGFK-Sommerexkursion auf eine Stadt in einem Nachbar(bundes)land, die ein Beispiel für gute Rad- und Fußverkehrsentwicklung ist – dieses Mal nach Bayern, genauer nach Sonthofen im Allgäu.

„Wir sind doch nur eine kleine Stadt, bei uns geht das nicht“ – diese Aussage führt Sonthofen im Allgäu erfolgreich ad absurdum. Die 20.000 Einwohner-Stadt ganz im Süden Bayerns hat sich erfolgreich für die Rad- und Fußverkehrsentwicklung eingesetzt und darf sich mittlerweile voll Stolz „Radstadt Sonthofen“ nennen.

Gemeinsam mit Dr. Johannes Hauptstock-Buhl, der Baureferatsleiter Sonthofens, haben sich 17 Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedenen Kommunen in Baden-Württemberg die zahlreichen Maßnahmen angesehen: Von einer großzügigen doppelstöckigen Fahrradabstellanlage am Bahnhof hin zu mehreren Abstellanlagen in der Fußgängerzone – einen „Parkplatz“ für sein Fahrrad findet man in Sonthofen immer.

Für Urlaubende hat die Stadt auch ein besonderes Angebot: Zehn Fahrräder stehen direkt an der Touristen-Information für eine ganztägige Ausleihe zur Verfügung – kostenfrei. Das kommt an und wird als niederschwelliges Angebot gut genutzt.

Egal ob Urlaubende oder Einheimische: Radfahrerinnen und Radfahrer in Sonthofen finden gute Bedingungen für den Radverkehr vor sowie ein Radverkehrsnetz, für das die Stadt bewusst ein Fachbüro engagiert hat und das in ersten Teilstrecken bereits umgesetzt werden konnte. Auf der ersten Fahrradstraße (Schillerstraße) können Radelnde bequem nebeneinander fahren und an den Kreuzungspunkten mit der roten Oberfläche wird Radfahrenden der rote Teppich ausgerollt; denn sie sind dort explizit bevorrechtigt und können entspannt in die Innenstadt radeln. Damit das entspannte Radeln nicht an der Kreuzung endet, ist dort eine Ampel mit Sensor installiert, der die Radfahrenden frühzeitig erkennt und schneller auf grün schaltet.

Rund 500 Fahrradfahrende werden im Knotenpunkt täglich gezählt, die auf der Fahrradstraße unterwegs sind. Stadteinwärts treffen die auf die Fußgängerzone – das birgt Konfliktpotenzial. Deshalb hat die Stadt Sonthofen zusammen mit den örtlichen Schulen verschiedene Plakate entwickelt, die auf gegenseitige Rücksichtnahme und eine angepasste Geschwindigkeit hinweisen. Obwohl mitten in der Fußgängerzone sogar zwei Hauptrouten kreuzen, zeigte eine kürzlich durchgeführte Untersuchung, dass das Konzept aufgeht und es kaum zu Konflikten zwischen Rad- und Fußverkehr kommt.

Um Rücksichtnahme geht es auch beim „Mini-Kreisverkehr“ an der Kreuzung Sudentestraße und Blumenstraße. Um Tempo aus der Kreuzung rauszunehmen, wurde mit relativ geringem Budget eine abknickende Vorfahrt zurückgebaut und der Kreisverkehr installiert. An allen Einmündungen des Kreisverkehrs befinden sich zudem Fußgängerüberwege.

Dass Verkehr und vor allem der Radverkehr auch Bürgermeister-Sache ist, beweist das Sonthofener Rathaus selbst: Christian Wilhelm, erster Bürgermeister und Vorstandsmitglied der AGFK Bayern, hat das Thema Radstadt im Gemeinderat platziert und stetig vorangetrieben. Auch Ingrid Fischer, zweite Bürgermeisterin in Sonthofen, hat sich das Thema Radverkehrsförderung auf die Fahne geschrieben. Sie und Dr. Hauptstock-Buhl standen den Besucherinnen und Besuchern aus Baden-Württemberg im Rathaus für Fragen zur Verfügung. Ganz wichtig ist für die Verantwortlichen die Rückmeldung aus der Bevölkerung. Deshalb haben sie die Arbeitsgruppe „Netzwerk FahrRAD“ ins Leben gerufen, die aus Verwaltung, Bürgern und Mitgliedern des Stadtrats besteht und sich monatlich virtuell trifft. Auch eine Radverkehrsschau wird regelmäßig durchgeführt. Günter Riemer, Vorsitzender der AGFK-BW, resümierte: „Sonthofen hat viele kleine wichtige Maßnahmen zur Radverkehrsförderung umgesetzt. Da können wir einige gute Ideen mit nach Hause nehmen.“

Haben auch Sie in Ihrer Kommune einen kniffligen Knotenpunkt oder eine Straße, die einer kreativen Umgestaltung bedarf? Bewerben Sie sich damit gerne bei der Planungswerkstatt, die vom 31. Januar bis 1. Februar 2023 in Neckarsulm stattfindet. Weitere Informationen und Bewerbungsmöglichkeiten finden Sie hier ».

Damals und heute:
Die Schillerstraße in Sonthofen vor der Umgestaltung zur Fahrradstraße 2018 und nach der Umgestaltung. Die Kreuzung ist kaum wiederzuerkennen.
Quelle: i.n.s. – Institut für innovative Städte