Zielgruppe Gemeinderat in Leinfelden-Echterdingen

„Mut zur Veränderung“ schrieben sich rund 20 Teilnehmende aus Gemeinderat und Verwaltung der Stadt Leinfelden-Echterdingen auf ihre Agenda.

Sie haben sich in einer Abendveranstaltung am 10. März 2022 der Neuverteilung von Mobilitätsräumen gewidmet – und wurden selbst planerisch tätig.

Es allen Verkehrsteilnehmenden recht zu machen, ist eine schier unlösbare Aufgabe. Die Verkehrssituation für die Zufußgehenden und die Radfahrenden zu verbessern, dieser Herausforderung haben sich am Abend des 10. März 2022 rund 20 Vertreter:innen aus Gemeinderat und Verwaltung der Stadt Leinfelden-Echterdingen gestellt. Ziel war es, einen Blick auf die Mobilitätspotenziale vor Ort zu werfen, mögliche Konzepte zur Förderung des Fuß- und Radverkehrs zu entwickeln und den Teilnehmenden vor allem konkrete Veränderungsimpulse für die gesamte Stadt mitzugeben.

Baden-Württemberg hat sich bis 2030 das Ziel gesetzt, dass jeder zweite Weg selbstaktiv ist, also mit dem Rad, Tretroller oder zu Fuß zurückgelegt wird. Dazu sind mutiges Umdenken und kreative Lösungen gefragt, wozu Prof. Dr.-Ing. Christoph Hupfer die Teilnehmenden ermunterte. Er erinnerte in seinem Impulsvortrag zum Fußverkehr mit dem passenden Titel „Geht doch!“ daran, dass ein Gehweg nicht nur zweckmäßige Aufgaben erfüllen muss. Seine Empfehlung für Planende: LebensStraßenRäume schaffen. Auch die Möglichkeit zum Bummeln, zum Sitzen auf einer Bank und zum Sonne tanken sollten gegeben sein. Der dazu benötigte Raum ist nur allzu häufig durch Kundenstopper, Außengastronomie und parkende Autos belegt. Hupfer gibt dabei zu bedenken, dass deshalb nicht alle Wünsche erfüllt werden können und es gilt, zu priorisieren.

Einen Wunsch hat auch Thiemo Graf vom i.n.s. – Institut für innovative Städte: „Radwege müssen gebaute Einladungen sein!“. Denn die Menschen als Gewohnheitstiere werden ihr bisheriges Mobilitätsverhalten nur ändern, wenn sie mit dem Fahrrad schneller, einfacher und bequemer an ihre Ziele kommen, wie das beispielsweise in Kopenhagen der Fall ist. Dass das auch bereits in Deutschland der Fall sein kann, zeigt Thiemo Graf anhand von zahlreichen Beispielen aus der Praxis. So kann bei entsprechender Umgestaltung aus einer Kreuzung mit kaum erkennbarer – aber angeblich vorhandener – Radwegführung ein fahrradfreundlicher Abschnitt mit klar aufgezeichneter Streckenführung für den Radverkehr werden. Graf erklärt den Radverkehr zur Chefsache und ermutigt die Teilnehmenden: „Politik darf – und muss – das Mobilitätsverhalten verändern.“

Aus seiner Erfahrung als Verkehrsplaner berichtet er, dass oftmals bereits scheinbar kleine Veränderungen, wie die Wegnahme von Parkplätzen zugunsten eines Radwegs, zu deutlichen Verbesserungen führen können. Dazu ist es essenziell, bei Planungen und Projekten auch mal die Perspektive zu wechseln.

Welche konkreten Herausforderungen für den Fuß- und Radverkehr vor Ort bestehen, erläuterte Michaela Käfer vom Amt für Umwelt, Grünflächen und Tiefbau (Abteilung Verkehrsplanung und Mobilität) in Leinfelden-Echterdingen anhand des Beispiels der Tübinger Straße. Neben unklarer Wegführung für Radler, behindern hier zudem aus Einfahrten herausragende sowie auf dem Gehweg geparkte Autos das Durchkommen von Fußgänger:innen. Eine Bushaltestelle verringert den vorhandenen Platz zusätzlich.

Dafür galt es im Workshop kreative und mutige Lösungen zu finden. Die Teilnehmenden aus Gemeinderat und Verwaltung erarbeiteten in fünf Gruppen anhand von Planungsskizzen eine Neugestaltung des Vor-Ort-Beispiels. Und die Ergebnisse können sich sehen lassen: Von parallel zur betrachteten Straße verlaufenden Fahrradstraßen hin zu Tempo 30 und einer Fahrbahnverengung an der Bushaltestelle erarbeiteten die Teilnehmenden in engagierten Diskussionen vielfältige Umgestaltungsmöglichkeiten. Eine Variante haben auch die Verkehrsplaner vom Institut für innovative Städte geplant und in einer 3D-Aufplanung umgesetzt. Aus dem Publikum kam dazu prompt die Reaktion: „Jetzt kann ich mir das besser vorstellen, das sieht gleich viel einladender aus für Fußgänger und Radfahrer“.

Am Ende der Veranstaltung waren sich die Teilnehmenden einig: Mit ein bisschen Mut und kreativen Ideen sind komplett neue Mobilitätskonzepte für den Fuß- und Radverkehr möglich. Sie nehmen für ihre zukünftigen Planungsvorhaben in Leinfelden-Echterdingen viele neue Impulse, Ideen und Eindrücke mit.

Das Konzept dieses neuen Veranstaltungsformats hat demnach sein Ziel voll erfüllt, sehr zur Freude von AGFK-Geschäftsstellen-Leiterin Anna Hussinger. Sie wünscht ihrer Heimat-Gemeinde, dass alle Teilnehmenden „diesen Schwung und diese Inspiration für die Planung und Umsetzung verschiedener Verkehrsprojekte mitnehmen.“ Es bedarf eben nur etwas Mut zur Veränderung.