Fachseminar für Straßenverkehrsbehörden: Verkehrsrechtlichen Anordnungen für Rad- und Fußverkehr

Die Mobilitätswende stellt auch die Unteren Straßenverkehrsbehörden vor neue Herausforderungen. Beim Fachseminar der AGFK-BW für Straßenverkehrsbehörden am 07. November 2024 in Stuttgart standen deshalb neben den rechtlichen Rahmenbedingungen mit Relevanz für Rad- und Fußverkehr auch die Voraussetzungen für eine gelungene Zusammenarbeit zwischen Straßenverkehrsbehörden und Rad- und Fußverkehrsbeauftragten im Fokus.

So ergeben sich einerseits neue Anforderungen, die durch die Verkehrsplanung an die verantwortlichen Kolleginnen und Kollegen adressiert werden. Andererseits verändern sich durch die Novellierungen des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und der Straßenverkehrsordnung (StVO) sowie durch Erlasse der Obersten Straßenverkehrsbehörde im Ministerium für Verkehr wichtige Rahmenbedingungen. Sie schaffen dabei auch neue Spielräume für die Unteren Straßenverkehrsbehörden. So ist seit 11.10.2024 durch die StVO-Novelle eine verkehrsrechtliche Anordnung nicht mehr nur aufgrund von Gefahrenabwehr möglich, sondern kann auch aus Gründen des Klima-, Umwelt- oder Gesundheitsschutzes erfolgen. „Diese neuen Rechtsgrundlagen können und sollen bereits jetzt angewandt werden, unabhängig von Änderungen der VwV-StVO“, ermutigte Sebastian Kaufmann, Leiter Referat 46 im Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, die rund 90 Teilnehmenden.

Auch aus dem Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg gibt es Erlasse mit Relevanz für den Rad- und Fußverkehr. So können beispielsweise wichtige Lücken im Radverkehrsnetz sowohl außerorts als auch bei schmaler Kernfahrbahn innerorts durch die Anordnung von Schutzstreifen geschlossen werden. Ebenso wurde ein Erlass zur Überwachung und Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr erlassen, um das Parken auf Geh- und Radwegen zu unterbinden. Auch Zusatzzeichen wie „S-Pedelec frei“ sind nun möglich. Die genannten Beispiele sind nur ein Teil der Erlasse, die zur Rad- und Fußverkehrsförderung in Baden-Württemberg beitragen sollen. Nun müssen diese nur noch umgesetzt werden, oder?

Ganz so einfach ist es in der Realität nicht immer. Während Rad- und Fußverkehrsbeauftragte die Belange der jeweiligen Verkehrsart vorantreiben wollen, müssen die anordnenden Straßenverkehrsbehörden alle Formen des Verkehrs im Blick behalten. Hinzu kommen oftmals unterschiedliche Regelungen und Regelwerke, an denen sich Radverkehrsbeauftragte und Straßenverkehrsbehörden orientieren, mit zum Teil voneinander abweichenden Breitenvorgaben und Empfehlungen. Konflikte sind hier fast schon vorprogrammiert. „Wenn beide Parteien frühzeitig miteinander kommunizieren, kann die Zusammenarbeit dennoch gut klappen und der Rad- und Fußverkehr erfolgreich vorangebracht werden“, erklärt Markus Belz, Geschäftsführung der AGFK-BW. Das bestätigen auch Arne Koerdt, Leiter Referat 45, und Sebastian Kaufmann, Leiter Referat 46, aus dem Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg. Wichtig sei vor allem, mögliche Problempunkte einer Planung nicht unter den Tisch fallen zu lassen, sondern aktiv anzusprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Denn nur so können die Ziele des Landes erreicht werden. So sollen in Baden-Württemberg bis 2030 die Hälfte aller Wege zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden und deutlich mehr lebendige und verkehrsberuhigte Ortsmitten entstehen. Darüber hinaus soll der Radverkehrsanteil verdoppelt werden und gleichzeitig soll die Zahl der Verkehrstoten um 60 Prozent reduziert werden. Ziel ist es zudem, den Anteil der selbstaktiv zur Schule kommenden Schülerinnen und Schuler zu steigern und parallel dazu die Anzahl der Elterntaxis zu halbieren. Dabei kommt den Straßenverkehrsbehörden eine wichtige Rolle zu, da es ihre Aufgabe ist, die Sicherheit und Leichtigkeit des Fuß- und Radverkehrs zu gewährleisten und auch proaktiv bzw. präventiv auf sicheren und leichten Fuß- und Radverkehr hinzuwirken. An die Hand bekommen Straßenverkehrsbehörden und Planende dafür Musterlösungen und Qualitätsstandards. Diese zeigen typische Entwurfselemente und verschiedene Möglichkeiten zur Problemlösung auf, sodass eine einheitliche Verwaltungspraxis in Baden-Württemberg sichergestellt werden kann.

Im Anschluss an das Fachseminar fand die konstituierende Sitzung der Arbeitsgruppe Straßenverkehrsbehörden der AGFK-BW statt. 25 Personen aus Straßenverkehrsbehörden von AGFK-Mitgliedskommunen haben den Austausch untereinander genutzt und gemeinsam Themen festgelegt, mit denen sich die AG zukünftig beschäftigen und die sie vorantreiben möchte.

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